Kinder- und Jugendhospiz Bethel

 
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13.09.2010

Platz für das Kinderhospiz - Dachpfannen gehen auf große Reise


Für die kleine Spinne auf dem riesigen Dachboden des Betheler Jochen-Klepper-Hauses ist die Ruhe vorbei. Das in den 1960er-Jahren erbaute Studentenwohnheim steht seit zwei Jahren leer. Doch nun wird es abgerissen, damit auf dem Gelände das neue Betheler Kinderhospiz entstehen kann.

Bevor die Bagger kommen, sind noch viele freiwillige Helfer dem alten Gebäude aufs Dach gestiegen. Sie retten die gut erhaltenen Dachpfannen. Die rund 12.000 Ziegel werden auf eine weite Reise geschickt. In der Slowakei benötigt man sie dringend für den Bau von Gemeindehäusern und einer Behindertenwerkstatt.

Bereits vor vielen Jahren entstand in Bethel das Projekt Áldás, das sich für sozial benachteiligte Menschen in Ungarn und Osteuropa engagiert. Zu seinem Konzept gehört es, sozial und ökologisch nachhaltig zu handeln, etwa mit konkreter Aufbauhilfe. Freiwillig Engagierte demontieren brauchbare Baumaterialien aus Gebäuden, die hier abgerissen werden. In diakonischen Einrichtungen und Kirchengemeinden Osteuropas werden die Güter weiterverwendet.

Unter dem Giebel des Jochen-Klepper-Hauses rumort es jetzt. In luftiger Höhe klettern Männer über die Dachschrägen und arbeiten sich in Windeseile bis zum First vor. „Die Pfannen sind fantastisch. Die halten noch 80 Jahre lang", ist sich der Bielefelder Dachdeckermeister Michael Klein sicher. Aus der Slowakei ist Pfarrer György Csik mit neun Männern angereist. Sie packen kräftig mit an, verladen das Material und treten im LKW-Konvoi die Heimreise an. „Wir freuen uns sehr. Die Dachziegel werden unsere Gemeindehäuser und unsere kleine Werkstatt für behinderte Menschen vor Wind und Wetter schützen", sagt György Csik. Bei einem Gang über die abbruchreifen Flure des Jochen-Klepper-Hauses sind dem Pfarrer auch noch die kleinen Waschbecken aufgefallen, die es in jedem Studentenzimmer gab. Auch sie werden, ebenso wie die alten Rippen-Heizkörper, nicht auf dem Bauschutt landen, sondern die Reise in die Slowakei antreten.

Das soziale und ökologische Konzept hat auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt überzeugt. Drei Jahre lang wurde es gefördert. „Jetzt sind die Mittel ausgelaufen. Umso wichtiger ist es, dass wir Menschen finden, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren", betont Uta Braune-Krah, Referentin der Diakonischen Gemeinschaft Nazareth.

Zu den Helfern von Áldás gehört auch Diakon Dieter Thane. Der frühere Leiter der therapeutischen Werkstatt „Spielkiste" in Bethel ist selbst schon oft nach Osteuropa gereist, um dort zu helfen. Als Rentner hat er nun die Zeit gefunden, dieses Engagement zu vertiefen. Besonders die Integration von behinderten Menschen liegt ihm am Herzen. „Behinderte werden in Osteuropa oft noch behandelt wie unmündige Kinder", sagt er. Da sei noch viel zu tun, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern.

Große Stapel von Dachpfannen türmen sich mittlerweile unter den freigelegten Holzbalken. Die kleine Spinne hat ihr Domizil verloren. Am Eingang des maroden Hauses hängt noch ein Schild: „Bitte die Haustür ab 22 Uhr abschließen!" Schon bald wird auch die Tür der Geschichte angehören. Dann entsteht hier das Kinderhospiz Bethel


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